Die neue Kolumne in ALPIN. Ausgabe 4 zum Thema #Selbstdarsteller

Erika Dürr: "Voll die Selbstdarstellerin ..."

Erika Dür ist Autorin, Bloggerin, Podcasterin ... und unsere neue ALPIN-Kolumnistin! Im Wechselspiel mit unserem zweiten Neuzugang, David Göttler, dem Bergführer und einem der erfolgreichsten Höhenbergsteiger Deutschlands, bespricht sie aktuelle Themen des Bergsports. In der vierten Ausgabe von "Ehrlich gesagt ..." beschäftigen sich die beiden mit dem Thema Selbstdarsteller am Berg.

David Göttler und Erika Dürr bilden das neue Kolumnisten-Duo von ALPIN.
© ALPIN - Leben für die Berge

Erika Dürr über Selbstdarsteller im Bergsport

Ehrlich gesagt ... gibt es einen Gedanken, den ich so irritierend wie interessant finde. Kürzlich fiel folgender Satz: "Die postet ständig Fotos von sich, voll die Selbstdarstellerin." Das weiß man doch gar nicht, dachte ich mir. Christoph Klein, ein leidenschaftlicher Sammler von Pause-­Touren, veröffentlichte bemerkenswert humorvolle Filme über seine Erlebnisse. Auf meine Frage, warum er diese Videos mache, antwortete er: "Weil es mir Spaß macht!"Er möge die Kreativität des Prozesses.

<p>Haben wir alle sicher schon erlebt: Selbstinszenierung in den Bergen für ein Foto.</p>

Haben wir alle sicher schon erlebt: Selbstinszenierung in den Bergen für ein Foto.

© Adobe Firefly

Heute wird schnell unterstellt, man mache alles nur für die Anerkennung. Rein psychologisch ist das kaum von der Hand zu weisen – fast jeder genießt dieses Gefühl. Aber strebt jemand vermeintlich zu offensichtlich danach, klatscht postwendend das Etikett "Selbstdarsteller" an seine virtuelle Stirn.

<p>Erika Dürr ist unsere neue ALPIN-Kolumnsitin und (p)lauscht gerne zu Bergsport-Themen. Sie hat ihre eigene Meinung zum Thema Selbstdarsteller.</p>

Erika Dürr ist unsere neue ALPIN-Kolumnsitin und (p)lauscht gerne zu Bergsport-Themen. Sie hat ihre eigene Meinung zum Thema Selbstdarsteller.

© Erika Dürr

Bei Menschen ohne viel "Reichweite" wird das oft noch ­nachsichtig weggelächelt, bei "Influencern" hingegen ist die Toleranz nur gering. Dabei dürften die meisten Kritiker unterschätzen, wie viel Arbeit und Disziplin in einem professionell betriebenen Kanal stecken. Von der nötigen ­Kreativität ganz zu schweigen. Aber angenommen, jemand poste rein aus Selbstdarstellung Inhalte. Es könnte anderen doch völlig egal sein!

Ich vermute allerdings, dass Neid und Missgunst eine Rolle spielen: Da hat jemand Selbstbewusstsein, vielleicht sogar Aussehen, Fitness, Geld und/oder Zeit sowie die nötigen Fotoskills (oder Partner), um sich in Szene zu setzen – und zu allem Ärger gefällt es offensichtlich auch noch anderen. Der trotzige Ausruf "Selbstdarsteller!" stößt die beneidete Person zumindest zeitweise vom Podest und sorgt so kurz für Druckabbau.

Außerdem scheint mir unser Filter unterschiedlich zu fokussieren, je nachdem, wessen Erlebnisse wir da gerade sehen: Bei Bildern einer guten Freundin freuen wir uns für sie. Ihr ­Selfie wäre für uns vielleicht unnötig, aber da wird liebevoll gegönnt.

Die gleichen Bilder von einer "Influencerin" wecken schnell ganz andere Gefühle: So wird etwa unterstellt, dass absichtlich gewisse Leistungen nur suggeriert wurden oder die Tour nur zum Prahlen unternommen wurde oder dass die Person ja keine Ahnung habe, was man an dieser oder jener Kleinigkeit sähe. Kann das sein?

Wenn wir uns öfter fragten, ob wir das jeweilige Etikett auch auf die Stirn einer guten Freundin pinnen würden, könnten wir positiver durch die sozialen Netzwerke wandeln. Und kämen wir dabei zu dem Schluss, dass uns dieser oder jener Kanal nicht guttut, hätten wir jederzeit nicht nur die Freiheit, sondern eher sogar die Pflicht, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen und den UNFOLLOW-Knopf zu drücken. Und was meinst Du, David?

David Göttler zum Thema Selbstdarsteller am Berg

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Text von Erika Dürr/ David Göttler

3 Kommentare

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Norbert

Ich liebe es, schöne Fotos von Landschaften und Bergen zu posten und freue mich, wenn‘s gefallen. Und weil sie schön sein sollen, habe ich selbst drauf nix verloren…

dominik auf unserer Instagramseite

Für mich gibt es einen Unterschied zwischen Selbstdarstellung und Selbstinszenierung. Letzteres werfe ich einigen Influencern vor. Was sie tun, bildet oft nicht die Reslität ab. Und das führt dann unter anderem zu Verharmlosung von Gefahren und Selbstüberschätzung bei anderen, die sich - den Influencern sei dank - in große Gefahren begeben.

...kritisch...

Man könnte ja nach vollbrachter Leistung, egal ob das jetzt eine Berg-, Rennrad-, MTB- oder Sonstwas-Tour war, auch nur das Ganze still genießen, der Ehefrau vielleicht noch ein Bild davon zeigen und innerlich davon zehren.

Dann steht man halt aber auch nicht im Mittelpunkt des Interesses....