Frage: Neue "Lehrmeinung" nicht mehr in Anseilschlaufe einbinden?@(zwischenHeadlineTag)>
Tobi, per E-Mail: Eine Kletterin hat mir letzte Woche gesagt, dass es mittlerweile eine neue Lehrmeinung vom DAV gäbe, dass die Anseilschlaufe bei einem Sturz reißen kann, wenn sie durch das direkt eingebundenes Seil zu sehr gedrückt wird.
Für mich war die Erklärung nicht nachvollziehbar und ich konnte weder im Netz noch in einschlägiger Literatur dazu was finden. Die Kletterin hat ihre Information aus einem Lehrgang. Wisst ihr mehr darüber?
Antwort: Die Anseilschlaufe heißt so, weil man sich da einbinden soll!@(zwischenHeadlineTag)>
Antwort von Olaf: Ja, da wissen wir mehr drüber: Das ist totaler Unsinn! Kannst du mal versuchen rauszubekommen, von wem diese "Lehrmeinung" verbreitet wird? Die Anseilschlaufe heißt so, weil man sich da anseilen kann/soll. Selbst wenn der Hersteller es anders empfiehlt, muss die Schlaufe die geforderten 15 kN halten. Das sind Kräfte, die in der Praxis nicht auftreten können.
Und nur, weil du dich mit einem Seil in die Anseilschlaufe einbindest (also das tust, wofür die Schlaufe da ist), verringert sich nicht die Festigkeit. Ich habe den Eindruck, dass auch im Klettern langsam Verschwörungstheorien Einzug halten und dann auch noch als Lehrmeinung weitergegeben werden.
Eine Bildergalerie der häufigsten Fehler beim Einbinden:
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Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter "Olaf klärt das schon!"
14 Kommentare
Kommentar schreibenHallo Benni,
bei meiner Antwort geht es kaum um die Anseilschlaufe, die noch bei keinem Unfall gerissen ist (außer bei Todd Spinner, der einen Gurt genutzt hat, den kein normaler Mensch mehr hernehmen würde). Es geht um die Fehlerwahrscheinlichkeit beim Einbinden. Und die ist, wenn du dich mit dem Thema beschäftig hast, einfach größer, wenn man sich parallel zur Anseilschlaufe einbindet (Stichwort Knoten nicht fertig gemacht). Und es geht nicht darum, dass ICH eine Lehrmeinung verbreiten möchte. Ich möchte dazu beitragen, Unfälle zu verhindern. Ein Bekannter von mir ist durch einen Einbindeunfall (Knoten nicht fertig gemacht) ums Leben gekommen. Und dass das passiert, ist beim Einbinden mit dem Bulin in der Anseilschlaufe fast ausgeschlossen. Setze mal die Unfälle, die durch dieses Fehlerbild (nicht fertig gemachte Knoten) passiert sind, gegen die Unfälle, die durch den Riss der Anseilschlaufe bedingt sind. Dir wird etwas auffallen!
Übrigens ist es ja auch nicht so, also ob OLAF da mit einer abstrusen Meinung hausieren geht. Wie ich immer wieder betone, wenn es um das Thema geht: Auch Experte wie Volker Kron vom TÜV Produkt Service (ist dort für die Zertifizierung von Gurten zuständig), Daniel Gebel von Edelrid (beschäftig sich seit Jahren mit dem Thema) und auch der dieses Jahr leider verstorbene Pit Schubert haben klar gesagt, dass es kein sicherheitsrelevantes Argument gegen diese Art des Einbindens gibt.
Zeigt eine Einbindeschlaufe Verschleißanzeichen (es gibt inzwischen auch Gurte mit einem Verschleißindikator an der Einbindeschlaufe), wird der Gurt aussortiert.
Sportliche Grüße
Olaf
Thomas Stephan (Bergführer) hat alles gesagt was gesagt werden muss: Haltet euch an die Gebrauchsanleitung des Herstellers! BD warnt z.B. für seine Gurte vor dem Anseilen in der Schlaufe und weist auf das "Risiko eines Unfalls oder Verletzung" hin. Wer sich im privaten, nicht-organisierten Umfeld trotzdem von Alpin-Redakteuren, Kolleginnen oder sonstigen Experten zu abweichendem Handeln inspirieren lassen möchte, kann das gerne tun und sich von mir aus auch mit gestecktem Ankerstich in der Materialschlaufe hinten links anseilen - solange er oder sie mir nicht auf den Kopf fällt. Ganz anders sieht es aus wenn ich Verantwortung für Andere übernehme, z.B. als Kursleiter, Bergführer oder in einer sonstigen Garantenstellung. Eine Aussage wie "der DAV und der Hersteller sagen zwar xyz, aber ICH OLAF bin trotzdem anderer Meinung..." wird der Qualität, die ich mir von der ALPIN erwarte, nicht gerecht. Ein einfaches "Just read the manual und halte dich im Zweifel an den Bergsportverband deiner Wahl mit seinem Kursangebot" hätte es als Antwort auf die Frage von Tobi auch getan.
Bitte etwas weiter zurück schauen und präziser analysieren! Halbwarheiten und Kollegenmeinungen kursieren schon genug heutzutage. Vormals hiess die Schlaufe nämlich Abseilschlaufe oder Sicherungsschlaufe. (Heisst im englischsprachigen Raum auch heute noch "belay loop") Dann hat vor Jahren ein bekannter deutscher Sicherheitsexperte ein Durcheinander veranstaltet, mir der Meinung dass der Gurt sich weniger abnutzt beim Einbinden in die Schlaufe. Meiner Erinnerung nach wurde diese Empfehlung wieder zurück gezogen.
-Es gilt auch das Prinzip alles aus der Sicherungskette auszuschalten, was nicht unbedingt nötig ist. (Jedes zusätzliche Glied bedeutet zusätzliches Risiko)
- Das die Schlaufe im Neuzustand alles aushält was da kommt ist schon klar. Ich erinnere an den Tod vom Profikletterer Todd Skinner, der durch eine abgenutzte, gerissene Abseilschlaufe ums Leben gekommen ist.
- Die Anseilpunkte an Hüft- und Schenkelgurt verfügen über einen Abriebschutz der auch als Abnutzungsindikator dient. Abseilschlaufen verfügen im Allgemeinen über nichts derartiges. (ausser bei Mammut, wo nach einer gewissen Anbnutzung eine andere Farbe erscheint.)
- Ganz nebenbei erhält man eine Redundanz beim einseilen durch beide schlaufen
Wer stumpf solche (falschen) Lehrmeinungen weitergibt, hat aber auch keinen wirklichen Horizont…?! Sicherungsgerät, abseilen und vorallem die neuen Selbstsicherungsautomaten (TOPPAS, TrueBlue etc.) werden dann wo eingehängt, wenn nicht an der einzelnen Anseilschlaufe? Oder wird da der Gedanke weitergespinnt von wegen andere Belastungen und so…?! :D Bisschen mehr selbst denken und lesen, würde manchen nicht schaden, dann hätte man die Normvorschrift auch schnell gefunden, wenn überhaupt nötig
alles alte Kamellen, in der Zwischenzeit sind beide Anseilmethoden in Ordnung, beim einbinden in der Anseilschlaufe ist der Vorteil, dass wenn man den Knoten aus welchem Grund auch immer (quatschen mit dem Nachbarn etc.) nicht zu Ende gebunden hat, dieser sofort nach dem Start in der Regel rausfällt und man den Fehler bemerkt. Am besten noch mit dem doppelten Bulin, da der ja schon beim einfachen Bulin (erster Schritt beim einbinden mit dem doppelten Bulin) schon einen Sturz hält.
Hallo,
ich kanne das auch so und wurde beim DAV so geschult das man sich durch Bein/Hüft Schlaufe einbindet, wie gesagt am besten mit doppelten Bulin.Ich sehe hier wie von Felix beschrieben ganz klar Vorteile beim Abstand und der Redundaz.
LG
Beim ÖAV ist man der Meinung, die Anseilschlaufe wäre nicht zum Anseilen da. Ich nutze mit einem Einfachseil die Anseilschlaufe, wenn ich mich mit dem Boulin einbinde und mit Halbseilen und Achterknoten direkt durch Hüft- und Beinschlaufe, weil die Knoten sonst nerven.
Dieses Anseilen in die Anseilschlaufe scheint ein deutsches Ding zu sein. Ich klettere sehr häufig mit Kletterern aus anderen Ländern und werde beim Partnercheck stets darauf hingewiesen.
Die Vorteile, die ein Einbinden in den Anseilring haben soll, würden mich interessieren. Ich erkenne da ehrlich gesagt keinen einzigen, sondern eigentlich nur Nachteile...
zB
- Anseilring hat keinen Verschleißindikator (im Gegensatz zu den beiden anderen Schlaufen, die haben idR andersfarbiges Material innen)
- mehr "totes Seil", weil der Knoten weiter weg vom Körper ist (kann beim Klippen direkt vor der Hüfte echt nerven)
- man kann sich nicht so nahe an eine Exxe ranziehen aus dem selben Grund
Beim Kauf einer PSA wie z. B. einem Anseilgurt mit der Norm CE 0082 wird immer eine Gebrauchsanleitung mitgeliefert, da steht alles drin oder auf der Webseite des Herstellers. PETZL empfiehlt beim Klettern das Anseilen über die Beinschlaufe und Hüftgurt. Beim Klettersteig wird das Klettersteigset mit Ankerstich durch den Anseilring angebracht, ebenso das GRIGRI und das Abseilgerät. Besuche die Webseite deines Herstellers.