Abstände zwischen den Seilschaftsmitgliedern

Mit Halbseil am Gletscher: Das musst Du wissen

Reicht am Gletscher auch ein kürzerer Abstand zwischen den Seilpartnern als vorgeschrieben?

Seilabstände am Gletscher: Wie lang ist lang genug?
© Olaf Perwitschky

Reicht am Gletscher auch ein kürzerer Abstand zwischen den Seilpartnern als vorgeschrieben?

Günter R., per E-Mail: Am Gletscher gibt es ja festgelegte Abstände zwischen den Seilschaftsmitgliedern. Ich versuche immer, möglichst viel Gewicht zu sparen. Wir sind mit einem Halbseil am Gletscher unterwegs, meist zu dritt. Das ist ja okay so? Aber wenn ich die vorgegebenen Abstände einhalte, habe ich ein ziemlich langes Seil dabei? Muss das sein?

Halbseil am Gletscher? Darauf kommt es an

Antwort von Olaf: Also erstmal zur Seilart: Ja, ein Halbseil ist okay am Gletscher, weil ja keine "freien Stürze" vorkommen können. Wichtig ist, dass ihr das sonstige Equipment auf ein Halbseil anpasst. Prusikschlingen, Seilrollen/Klemmen, Bandschlingen (statt Prusikschlingen), etc. Denn auf einem (dünneren) Halbseil ist die Klemmwirkung ja deutlich geringer als auf einem dicken Einfachseil.

Und es müssen Touren sein, bei denen ausgeschlossen ist, dass am Einfachstrang ein Sturz im Vorstieg vorkommen kann, also z. B. in Kletterpassagen. Wenn hier eine:r vorsteigt, müsst ihr das Seil halbieren. Dann ist die Vorsteiger:in am Doppelstrang (des Halbseils) unterwegs und kann an jedem Ende eine:n Nachsteiger:in sichern. 

Was direkt zum zweiten Teil deiner Frage überleitet. Mit einem kurzen Seil hast du so sehr wenig Spielraum. Der Abstand bei einer Dreierseilschaft sollte (mindestens) zehn Meter betragen. Sind also schon mal 20 Meter. Und dann braucht ihr ja noch Restseil (der/die Erste und Letzte der Seilschaft), um im Notfall eine Spaltenbergung durchführen zu können. Das muss – je nachdem, wie tief der oder die Gestürzte in der Spalte hängt – auch nochmal mindestens zehn Meter betragen (Lose Rolle). 

Das heißt: Ein Seil, das 40 bis 50 Meter lang ist, solltet ihr auf jeden Fall dabei haben. Leider hilft es auch nicht, ein zweites (kurzes) Seil mitzuführen, außer jede:r der drei Teilnehmer:innen hat eines dabei.

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Die getesteten Halb- und Zwillingsseile könnt ihr auch direkt hier durchklicken:

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Olaf Perwitzschky ist ALPIN-Testredakteur und staatlich geprüfter Bergführer. Berge sind seine Leidenschaft - und Eure Fragen sind ihm Herausforderung! Jeden Monat beantwortet er Eure Anliegen im ALPIN-Heft unter der allseits bekannten Rubrik "Olaf klärt das schon!".

Text von Olaf Perwitzschky

3 Kommentare

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Olaf Perwitzschky

Hallo Philip, wenn ihr tatsächlich zwei Seilstränge mithabt, nehmt ihr ja am Gletscher nicht beide her, nur damit beide nass sind, oder? Schon alleine wegen dem Gewicht. Aber in Bezug aufs Handling etc. hast du schon recht und dir die richtigen Gedanken gemacht. Die Festigkeit von Seilen verringert sich durch Feuchtigkeit um ca. die Hälfte. Die Festigkeit von nassen Seilen reicht aber immer noch locker aus. Auch Knoten verringern die Festigkeit von Seilen deutlich, und die machen wir ja auch ständig beim Klettern. Auch die Kombination von nassen Seilen und Knoten ist noch kein Problem.

Wenn ihr an beiden Seilsträngen abseilt und der eine ist triefend-nass, der andere komplett trocken, dann ist das vielleicht nicht ideal. Das es dabei aber zu der Problematik kommt, dass ein Seil durchrutscht (wie bei zwei Seilen mit extrem unterschiedlichem Durchmesser) habe ich noch nicht erlebt und auch noch nicht gehört. Und zum Handling: Klar, nasse Seile sind nicht so schön im Handling, aber immer noch besser ein nasses und ein trockenes als zwei nasse, oder? Außerdem sollte ja nur die Mitte des Seiles nass sein (ca. 15 m) wenn ihr vorher zu zweit am Gletscher gegangen seid .... Das sollte kein wirkliches Problem darstellen.

Viel Spaß euch auf Tour,

Olaf

Andreas

Oder 2x30m oder eine 60-Meter RAD-Line mitnehmen, solange nicht gesichert geklettert wird. Die 60m RAD-Line wiegt soviel wie ein 30m Halbseil (ca. 1,2 kg) und ist für die Sicherung am Gletscher freigegeben.

Philip

Hallo Olaf,

sehr interessante Ausführung die mich gleich zu einer weiteren Frage bringt: angenommen ich mache mit einem Kollegen eine (kombinierte) Hochtour mit Felskletteranteil (oder Grat) wo ich zwei Halb-/Zwillingsseile verwende (50 m). Auf dem Gletscher soll ich demnach nur ein Strang verwenden und dann bei der/den Kletterpassagen dann die beiden Seile zusammen? Ist es denn nicht von Nachteil, wenn das eine Seil nass ist (vom Schnee/Eis) und das andere dann nicht? Wie sieht es denn dann mit der Festigkeit aus? Handling verschlechter sich bei dem einen kann ich mir denken ...Gibt es Einschränkungen die man beachten muss? Oder sonst noch anderes?
Vielen Dank für deine profunde Antwort,
Philip Berner