Meilensteine des Alpinismus - Teil 3

Die Sache mit dem Haken

Über kaum ein Ausrüstungsstück wird so viel diskutiert wie über den (Bohr-)Haken. Denn er ist nicht nur Wegmarke und Ankerpunkt für die Sicherung im Fels, man kann sich auch über schwierige Stellen an ihm hinaufziehen. Was zur Frage führt, wie leicht man sich die selbstgewählte Schwierigkeit am Berg machen mag…

Die neue Ausrüstungsserie in ALPIN: Meilensteine des Alpinismus
© ALPIN - Leben für die Berge

Die neue Serie bei ALPIN+: Fortschritt im Alpinismus dank neuer Ausrüstung

In der neuen Ausrüstungsserie "Meilensteine des Alpinismus" geht es um die Entwicklung, die der Alpinismus in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat - und um die Ausrüstungsgegenstände, die diesen Fortschritt entscheidend mitgeprägt haben. In Episode 3 beschäftigt sich Autor Andi Dick mit dem (Bohr-)Haken.

Der Haken - Streit- und Sicherungspunkt

"Jetzt ist bewiesen, dass sie unersteiglich ist", soll der Alpinpionier Julius Kugy geschimpft haben, als sein einstiger Schüler Emilio Comici 1933 erstmals die Nordwand der Großen Zinne mit Hilfe von 90 "Mauerhaken" durchstiegen hatte. Der Bergsport ist widersprüchlich: Einerseits setzt man sich oft zum Ziel, möglichst große Schwierigkeiten zu überwinden – andererseits erleichtert man sich das durch Ausrüstung: vom Schuh bis zur Stirnlampe. Eine besondere Rolle spielt dabei der Haken, der – egal ob nur als Sicherungs- oder auch als Fortbewegungsmittel verwendet – bis heute immer wieder im Zentrum erregter Diskussionen steht.

Die Ursprünge

"Die ersten Mauerhaken wurden nicht von Bergsteigern, sondern von Kriegern unter Alexander dem Großen im Jahre 328 v.Chr. mit der Einnahme der unüberwindlichen Burg von Sogdiana in Asien verwendet", schreibt Georg Sixt (1892-1968), Zweitbegeher der Dülferrouten in Fleischbank-Ost- und Totenkirchl-Westwand. Ähnlich militärisch verlief die Eroberung des Mont Aiguille (2087 m) in der Provence auf Befehl des französischen Königs Karl VIII: Mit Sturmleitern und anderem Equipment bezwang der Stoßtrupp des Kammerherrn Antoine de Ville den rundum senkrecht abbrechenden Gipfel, auf dessen Wiese die Mannschaft dann sechs Tage verbrachte und eine Messe feierte. Auch die Schandauer Turner, die 1864 den Falkenstein im Elbsandsteingebirge erstmals bestiegen, nutzten dafür technische Hilfsmittel – erst 1892 wurde dieser Anstieg in freier Kletterei wiederholt.

<p>Hans Nieberl hatte die Idee des Hakens mit  feststehender Öse, in die dann die von Otto Herzog von der Feuerwehr  abgeschauten Karabiner eingehängt wurden.</p>

Hans Nieberl hatte die Idee des Hakens mit feststehender Öse, in die dann die von Otto Herzog von der Feuerwehr abgeschauten Karabiner eingehängt wurden.

© Archiv DAV

Der Haken am Haken: Zum einen ermöglicht er die Sicherung per Seil, die im Alpinismus seit jeher zumindest halbwegs akzeptiert war – auch wenn anfangs ein "festes Einspreizen" im Gelände als ausreichend zum Halten eines Sturzes (der sowieso tabu war) betrachtet wurde. Zum anderen kann man sich am Eisenstift festhalten und hochziehen, was eine Kletterstelle deutlich erleichtern kann. Je nach lokaler Tradition wurde dieses "technische Klettern" geächtet, wie etwa in England und den USA, in Deutschland dagegen galt bis Ende der 1970er Jahre ein Haken automatisch als Griff. Doch die Ideengeschichte des Freikletterns ist ein anderes Thema, auch wenn sie engst mit dem Haken verknüpft ist.

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Text von Andi Dick

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