Vor 33 Jahren wurde der Mann vom Similaun entdeckt

19. September 1991: Der "Ötzi"-Fund am Hauslabjoch

Am 19. September 1991 fand das Nürnberger Ehepaar Erika und Helmut Simon am Hauslabjoch, unweit der Similaunhütte in den Ötztaler Alpen, eine mumifizierte Leiche, die später als "Ötzi" weltweit bekannt werden sollte. Alle Infos, Zahlen, Daten und Fakten hier für euch zusammengestellt!

HInten eine Illustration, wie Ötzi derzeit dargestellt wird - vorne eine neue Illustration, wie Ötzi wahrscheinlich wirklich ausgesehen haben soll.
© Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology

Am 19. September 2023 jährt sich das 32-jährige Jubiläum des Fundes der berühmtesten Gletschermumie der Welt. Kurz vor dem Jahrestag fanden Wissenschafler des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und dem Institut Eurac Research in Bozen heraus, dass wir wahrscheinlich ein vollkommen falsches Bild des Steinzeitmenschen haben.

Ötzi hatte dunkle Haut und eine Glatze

Ein Mann mit schulterlangen, grauen Haaren und eher hellem Hautton: So wird die berühmte Gletschermumie Ötzi meist dargestellt. Doch laut der neuesten Genomanalyse soll der Gletschermann zu Lebzeiten ganz anders ausgesehen haben: Ötzi hatte viel dunklere Haut als bisher angenommen und bei seinem Tod vermutlich bereits eine Glatze. 

<p>So könnte Ötzi neuen Forschungen zufolge ausgesehen haben.</p>

So könnte Ötzi neuen Forschungen zufolge ausgesehen haben.

© Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology

Bereits im Jahr 2012 hatten Wissenschaftler Ötzis Genom entschlüsselt. Damals waren im Erbgut vor allem Hinweise auf DNA von Steppenhirten aus Osteuropa gefunden worden. Die seitdem erzielten technologischen Fortschritte ermöglichten einem Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie und von Eurac Research nun eine exaktere Rekonstruktion seines Genoms.

Den neuen Ergebnisse zufolge stammt Ötzi demnach zu mehr als 91 Prozent von anatolischen Zuwanderer:innen ab. Die übrigen knapp neun Prozent des Genoms stammen von europäischen Wildbeuter:innen. Die Forscher schließen daraus, dass er aus einer relativ isolierten Alpenbevölkerung mit wenig Kontakt zu anderen europäischen Gruppen stammte. Seine Haut war dunkler als bisher angenommen und zum Todeszeitpunkt hatte er sehr wahrscheinlich eine fortgeschrittene Glatze.

Hoheitsrechte: Wem gehört Ötzi?

Zum 30-jährigen Jubiläum 2021 war zum wiederholten Male ein Streit um die Hoheitsrechte und ein neues Zuhause für den Mann aus dem Eis entbrannt. 

Seit 1998 liegt Ötzi in einem Glassarg im Bozener Archälogiemuseum - fast ein bißchen wie Schneewittchen. Mehr als 5,5 Millionen Menschen haben in den letzten 25 Jahren die Gletscherleiche besichtigt. 

Forscher und Archäologen fördern immer wieder neue interessante Details aus dem Leben und über den Tod des einzigen komplett erhaltenen Reliks aus der Steinzeit zutage.

32 Jahre Ötzi-Fund: Wie alles begann

Dass sie an diesem Donnerstag im September die älteste Mumie der Menschheit entdeckt haben sollten, war den zwei passionierten Bergwanderern zunächst gar nicht bewußt. Wie auch? 

<p>Sie entdeckten 1991 den Mann aus dem Eis: Erika und Helmut Simon (hier im April 2003).</p>

Sie entdeckten 1991 den Mann aus dem Eis: Erika und Helmut Simon (hier im April 2003).

© Picture Alliance

Die Simons dachten beim Anblick ihres makaberen Fundes zunächst an einen tragisch verunglückten Bergsteiger, nicht aber an eine archäologische Weltsensation.

Nachdem sie auf der Similaunhütte die Entdeckung gemeldet hatten, machte sich das Paar auf den Weg nach Nürnberg. Von dem Trubel, der gleich am folgenden Tag über das Hauslabjoch hereinbrechen sollte, bekamen die beiden zunächst nichts mit.

<p>Professor Konrad Spindler (2.v.l) untersucht mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern im September 1991 erstmals die Mumie.</p>

Professor Konrad Spindler (2.v.l) untersucht mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern im September 1991 erstmals die Mumie.

© Picture Alliance

Als die ersten Fernsehteams an ihrer Haustüre klingelten und das Telefon gar nicht mehr aufhören wollte zu klingeln, dämmerte es den beiden Franken, dass sie durch ihren Fund schlagartig zu Berühmtheiten geworden waren.

32 Jahre Ötzi-Fund: Wie es weiterging

Mehrere Talkshow-Auftritte und unzählige Zeitungsberichte sollten ebenso folgen wie ein jahrelanger Rechtsstreit mit der Landesregierung von Südtirol um die Höhe des Finderlohnes. 

2010 wurden Erika Simon schließlich 175.000 Euro zugesprochen, ihr Mann Helmut war da bereits seit sechs Jahren tot: Der Hausmeister war bei einer einfachen Bergwanderung am Geißkarkogel tödlich verunglückt.

<p>"Ötzi" bei seiner Ankunft am 16.1.1998 im neu geschaffenen Archäologiemuseum in Bozen</p>

"Ötzi" bei seiner Ankunft am 16.1.1998 im neu geschaffenen Archäologiemuseum in Bozen

© Picture Alliance

Und "Ötzi"? Dem Mann aus der Jungsteinzeit rückte man bereits einen Tag nach seiner Entdeckung ziemlich rüde mit Eispickeln und Presslufthammer zu Leibe. 

Dabei wurde nicht nur die Hüfte der nur 1,54 großen Mumie beschädigt, sondern in Folge der Bergungsaktion auch dessen linker Arm. Beinahe wäre der Leichnam sogar bestattet worden, doch der Prähistoriker Konrad Spindler, der die Bedeutung des Fundes sofort erkannt hatte, wusste dies gerade noch zu verhindern. 

<p>Publikumsmagnet: Eine originalgetreue Nachbildung des Gletschermannes findet man im Archäologiemuseum in Bozen.</p>

Publikumsmagnet: Eine originalgetreue Nachbildung des Gletschermannes findet man im Archäologiemuseum in Bozen.

© Picture Alliance

Seit seiner "Rettung" haben ganze Heerscharen von Wissenschaftlern unterschiedlichster Fakultäten jeden Quadratzentimeter des Gletschermannes untersucht. Todeszeitpunkt (zwischen 3359 und 3105 v. Chr.) und Sterbealter (um die 45 Jahre) konnten dabei ebenso gut bestimmt werden wie "Ötzis" körperliche Gebrechen zum Zeitpunkt seines Todes (u.a. Parodontitis, Arteriosklerose).

Zur Todesursache gibt es verschiedene Theorien. Die Gängigste besagt, dass der Mann vom Hauslabjoch an den Folgen einer Schußverletzung durch einen Pfeil zu Tode kam. Ebenso plausibel, wenn auch in Forscherkreisen weniger favorisiert, ist die Annahme, dass der Jäger an einem Schädel-Hirn-Trauma, das zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, verstorben war.

Wie dem auch sei, "Frozen Fritz" - wie die Mumie im englischsprachigen Raum genannt wird - dürfte auch noch in den kommenden Jahren für die ein oder andere (wissenschaftliche) Meldung gut sein.

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3 Kommentare

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Bruno

Robert, danke für Ihre Antwort, um es klarzustellen - sowohl zu Hause wie am Berg bin ich für die absolute Gleichberechtigung aller Menschen, egal welchem Geschlecht oder welcher Nation sie angehören.
Absolut nervig ist aber nicht die Kritik am sog. "Gendern" (worauf ich gar nicht hinaus wollte), sondern diese absolut lächerliche Sprachform*in, die bei Ihnen ja auch schon Spuren*rinnen hinterlassen hat (3 Fehler*innen in einem (einer) kurzen Text*in). Nichts für ungut, Berg*in Heil, Bruno

Robert

Ergo befinden sich alle die die das bisher eben so wenig tun auf dem evolutionären/intellektuellem Stand von vor 5000 Jahren oder wie darf man die Aussage deuten?

Wie man bei jeder Diskussion eine egal-wie-abwegige Parallele zum Gendern unterbringen kann. Gendern wäre nur halb so nervig wie die ganzen Kritiker ihre sinnlosen Kommentare unterlassen würden.

Bruno

Natürlich wissenschaftlich sehr wertvoller Fund. Aber eine psychologisch-wissenschaftliche Frage ist ebenfalls interessant - welche Erkenntnis haben 5,5 Mio. Menschen (außer leichterem Geldbeutel), eine eingetrocknete Mumie anzuschauen? Gesichert sollte auf jeden Fall sein, daß dieser Herr Ötzi bestimmt nicht grammatikalische Formen wie Zuwanderer:innen bzw. Wildbeuter:innen angewandt haben dürfte. Bruno