Verleihung im Dezember

Piolet d'Or 2024: Die Preisträger stehen fest!

Die Verleihung der goldenen Eispickel ist jedes Jahr fester Bestandteil der Alpinszene. Nun steht fest, welche alpinistischen Leistungen im Jahr 2024 geehrt werden.

Im Dezember findet zum ersten Mal vor der Kulisse der Dolomiten in San Martino di Castrozza (Bild) die diesjährige Verleihung statt.
© IMAGO / Frank Bienewald

07. November 2024 | Die Preisträgerinnen und Preisträger stehen fest!

Das Jahr 2023 weist eine bemerkenswerte Anzahl erstklassiger Besteigungen im Alpinstil auf, was die internationale Jury bestehend aus Lise Billon (Frankreich), Aleš Cesen (Slowenien), Toni Gutsch (Deutschland), Genki Narumi (Japan), Enrico Rosso (Italien), Jack Tackle (USA) und Mikel Zabalza (Spanien) würdigte. Es wurden insgesamt drei Piolets d'Or und eine besondere Erwähnung für den weiblichen Alpinismus vergeben.

Das sind die Ehrungen für Begehungen im Jahr 2023 auf einen Blick:

  • Kazuya Hiraideund Kenro Nakajima für "Secret Line" an der Nordwand des Tirich Mir (7708 m) im Hindukusch (Pakistan) vom 17. bis 23. Juli 2023. Überschreitung des Bergs mit Abstieg über die Normaltoute nach Nordwesten.

  • Matt Cornell, Alan Rousseau und Jackson Marvell für die Teil-Erstbegehung von "Round Trip Ticket" ( (2700 m, M7, AI5+, A0) am Jannu (7710 m) vom 7-12. Oktober 2023. Abstieg über Aufstriegsroute.

  • Hugo Béguin, Matthias Gribi und Nathan Monard für die Erstbegehung von "Tomorrow is Another Day" (1400m, ED, 5c A2 WI4 M6) in der Nordwand von Flat Top (6100 m) vom 2-6 Oktober 2023. Abstieg über die bis dato unberührte Westwand.

  • Besondere Erwähnung für weiblichen Alpinismus für Nives Meroi für die Erstbegehung von "Diamonds on the Soles of the Shoes" in der Westwand des Kabru South (7318 m).

Kazuya Hiraide und Kenro Nakajima für "Secret Line" am Tirich Mir

Den beiden japanischen Alpinisten Kazuya Hiraide und Kenro Nakajima werden für die Erstbegehung der "Secret Line" an der Nordwand des Tirich Mir (7708 m) im Hindukusch, im Juli 2023 geehrt. Der Tirich Mir ist der höchste Gipfel im Hindukusch, liegt allerdings entlegen im Nordwesten Pakistans nahe der Grenze zu Afghanistan. Mithilfe von Satellitenfotos planten sie eine Route in das Gletscherbecken unterhalb der Nordwand und über den lange Nordwestgrat.

<p>Blick auf die neuerschlossene Aufstiegsroute am Tirich Mir.</p>

Blick auf die neuerschlossene Aufstiegsroute am Tirich Mir.

© Piolet d'Or

Nach fünf Biwaks und der tagelangen Suche nach einer möglichen Schwachstelle, erreichten Hiraide und Nakajima am sechsten Tag den Gipfel. Die Seilschaft kam 2024 am K2 ums Leben. Die Jury bezeichnete dieses lange, komplexe und äußerst anspruchsvolle Abenteuer als eine großartige Überquerung eines hochgelegenen Berges.

Die Jurymitglieder bezogen in ihre Entscheidung mit ein, dass fast keine Vorinformationen verfügbar waren, die bei der Besteigung der verborgenen Nordwand hilfreich gewesen wären. Die Verwendung eines 200 m langen Fixseils für den Zugang zum Aufstieg (das nach dem Aufstieg nicht entfernt wurde) wurde als geringfügiger Mangel angesehen. 

Matt Cornell, Alan Rousseau und Jackson Marvell für "Round Trip Ticket" am Jannu

Mit einem goldenen Eispickel ausgezeichnet wurden auch die drei US-amerikanischen Alpinisten Matt Cornell, Alan Rousseau und Jackson Marvell für ihre anspruchsvolle Neutour am Jannu (Kangchendzönga-Gebiet, Himalaja). Das Duo eröffnete nach einem Erstversuch im Jahr 2021 und einem zweiten Anlauf 2022 im vergangenen Jahr die Route durch die Nordwand und über den Nordwestgrat (2700 m, M7, AI5+, A0).

Marvell und Rousseau wussten am Ende der Tour, dass mehrere ihrer Finger erfroren waren. Als sie ihre Optionen besprachen, wurde ihnen klar, dass ein fünftägiger Fußmarsch durch den Dschungel und die anschließende dreitägige Autofahrt nach Kathmandu ein erhebliches Infektionsrisiko darstellen würden. Sie entschieden sich dafür, einen Hubschrauber zu rufen. Die dadurch mögliche Behandlung begrenzte den Schaden auf den Verlust der Spitze eines kleinen Fingers bei beiden Kletterern.

<p>Die Nordwand-Route am Jannu (7710 m).</p>

Die Nordwand-Route am Jannu (7710 m).

© Alan Rousseau

Die Jury war sich einig: Dies war ein außergewöhnlicher Aufstieg, der das technische Klettern im alpinen Stil in großer Höhe auf ein neues Niveau gehoben hat. Eine Kombination aus großartiger Teamarbeit, visionärer Strategie, technischem Können und Erfahrung sowie einer Weiterentwicklung der Ausrüstung hat zu einem neuen Kapitel in der Geschichte der Himalaya-Besteigungen geführt und wird eine Inspiration für zukünftige Generationen sein.

Hugo Béguin, Matthias Gribi und Nathan Monard für "Tomorrow is Another Day" am Flat Top

Nach der Vorhersage eines viertägigen Wetterfensters stiegen die jungen Schweizer Alpinisten, Hugo Béguin, Matthias Gribi und Nathan Monard, am 3. Oktober 2023 in die Tour ein. Bei perfektem Wetter folgten sie einer offensichtlichen Linie in der Mitte der Nordwand. Als Crux erwies sich eine Querung am zweiten Tag, von der sich die Alpinisten jedoch nicht aufhalten ließen. Am 6. Oktober stiegen die drei über die unberührte Westwand ab (15x Abseilen), und biwakierten auf dem Gletscher. Nach drei Tagen war die Seilschaft zurück im vorgeschobenen Basislager.

<p>Tomorrow Is Another Day (1400 m, ED, 5c A2 WI4 M6) am Flat Top. </p>

Tomorrow Is Another Day (1400 m, ED, 5c A2 WI4 M6) am Flat Top.

© Matthias Gribi

Nach Meinung der Jury handelte es sich um eine elegante und technisch anspruchsvolle Route in einer Gegend, die in den letzten 40 Jahren wenig besucht wurde. Die Besteigung erfolgte im perfekten Alpinstil und die Überschreitung verlief ohne Zwischenfälle.

Besondere Erwähnung für weiblichen Alpinismus für Nives Meroi

Eine Besondere Erwähnung erhielt die italienische Alpinistin Nives Meroi, der gemeinsam mit ihrem Ehemann und weiteren Seilschaftsgefährten die Erstbegehung von "Diamonds on the Soles of the Shoes" an der Westwand des Kabru South (7318 m) im Himalaja gelang. Im reinen Alpinstil eröffnete die vierköüfige Gruppe die Route in nur vier Tagen. Damit gelang den Alpinisten die erst zweite Begehung des Berges. 

Meroi und ihr Ehemann sind dafür bekannt, 8000er als Team zu besteigen. Sie verzichten ab dem Basislager meist auf Unterstützung, sind immer ohne zusätzlichen Sauerstoff und überwiegend ohne feste Lager unterwegs. Meroi ist die erste Italienerin, die den Everest ohne Flaschensauerstoff erreicht hat. Aufgrund ihres ethischen Anspruchs und des Purismus am Berg ist Meroi Preisträgerin mehrerer Verdienstorden.

<p>Nives Meroi in "Diamonds on the Soles of the Shoes".</p>

Nives Meroi in "Diamonds on the Soles of the Shoes".

© Piolet d'Or

24. Oktober 2024 | Jordi Corominas für Lebenswerk geehrt

Der spanische Alpinist ist bekannt dafür, zwischen den unterschiedlichen Stilen der Generationen zu tanzen. Stets richtete er den Blick im Alpinismus voraus, ohne das Altbewährte hintanstehen zu lassen. Der Name Jordi Corominas steht für leichten, schnellen und freien Alpinismus. Für diese Lebensleistung wird der Spanier nun mit dem prestigeträchtigen Lifetime Achievement Award geehrt, den 2009 erstmals Walter Bonatti erhalten hatte.

Diese Ehrung wird an Alpinistinnen und Alpinisten verliehen, die mit ihrem bergsteigerischen Lebenswerk ein Beispiel für nachfolgende Generationen gesetzt haben. Alpin-Größen wie Reinhold Messner, Kurt Diemberger, Catherine Destivelle, Jeff Lowe und viele andere durften die Auszeichnung bereits entgegennehmen. Allerspätestens mit der Verleihung rückt der spanische Bergsteiger in die erste Rige auf.

Der in den Pyrenäen lebende Bergführer gibt sein Wissen seit Jahren an die nächste Klettergeneration weiter, von 2002 bis 2010 etwa engagierte sich Corominas als Direktor des spanischen Bergsteiger-Nationalteams. Zudem ist der Visionär in der Bergführerausbildung aktiv und hat einen Verlag für Bergsteigerliteratur gegründet. U. a. stammt ein vollumfängliches Bergsteiger-Kompendium aus seiner Feder.

Zu den bedeutendsten (Erst.)Begehungen des Spaniers zählen u. a. zahlreiche Routenerschließungen in den Pyrenäen und Patagonien, Solo-Speed-Begehungen in Peru und an mehreren Achttausendern in den frühen 2000er-Jahren. Außerdem gelang ihm die erst zweite und bis dato letzte Begehung der "Magic Line" auf den K2 (8611 m ), die technisch anspruchvollste Route am Berg. Hinzu kommen zahlreiche weitere Begehungen, die sich durch konsequenten Alpinstil auszeichnen.

Piolet d'Or 2024: Das sind die Nominierten

Das Komitee des Preises hat gemeinsam mit dem "American Alpine Journal" eine umfassende Liste der nennenswertesten alpinistischen Erfolge des vergangenen Jahres publiziert, die heuer geehrt werden könnten. Dabei beschränkt sich die Liste keineswegs auf die Alpen, sondern blickt auf Alpinistinnen und Alpinisten weltweit. 

Einige Namen tauchen dabei immer wieder auf, u. a. stehen Simon Messner und Martin Sieberer für ihre Erstbegehung des Yernamandu Kangri (7163 m) auf der diesjährigen Liste. Aber auch Simon Gietl, Lukas Hinterberger und Michi Wohlleben zählen für die Erstbegehung der Mixedroute "Ultima Perla" am Monte Agnèr zu den möglichen Preisträgern. 

<p>Stehen auf der Liste: Michi Wohlleben, Simon Gietl und Lukas Hinterberger.</p>

Stehen auf der Liste: Michi Wohlleben, Simon Gietl und Lukas Hinterberger.

© Instagram/Michi Wohlleben

Aus der Schweiz konnten sich Peter von Känel und Silvan Schüpbach für ihre eindrucksvolle Trad-Neutour in der Eiger-Nordwand qualifizieren. Auch Mathieu Maynadier, Roger Schäli und Simon Gietl (zum Zweiten) katapultierten sich mit "Goldfish" am Meru Peak in den Kreis der Favoriten. 

Der Piolet d'Or

Der "Piolet d'Or" ist eine der renommiertesten Auszeichnungen im Bereich des Bergsteigens und Kletterns, die jährlich an herausragende Leistungen in diesen Disziplinen verliehen wird. Die Auszeichnung wurde 1991 ins Leben gerufen und will innovative und anspruchsvolle Besteigungen würdigen, die sowohl technische Fähigkeiten als auch eine ethische Herangehensweise an das Bergsteigen zeigen. Die Jury besteht aus erfahrenen Alpinisten und Bergsteigern, die die eingereichten Leistungen anhand von Kriterien wie Schwierigkeit, Stil und Einfluss auf die Kletterszene bewerten.

Preisverleihung im Dezember in den Dolomiten

Der Piolet d’Or wird dieses Jahr vom 8. bis 11. Dezember in San Martino die Castrozza verliehen. Die Jury setzt sich zusammen aus Jack Tackle, Lise Billon, Mikel Zabalza, Genki Narumi, Toni Gutsch, Aleš Cesen und Enrico Rosso. Mehr Infos unter pioletsdor.net.

1 Kommentar

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Richard

Ich ziehe meinen Hut. Wirklich sehr starke Leistungen und absolut verdient. Beeindruckende Routen an fantastischen Bergen!